(Artikel in der Botschaft, 27. November 2024)
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Mit einer Feier wurde das sanierte jüdische Tauchbad eingeweiht.
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ENDINGEN (mbf) – Das Projekt Doppeltür erhält mit der Mikwe, ein unscheinbares Haus an der Surbbrücke Richtung Lengnau, ein wichtiges Objekt. Dies freut die Stiftung und den Verein Doppeltür sehr. «Auch wenn der Kauf der Mikwe eigentlich gar nicht vorgesehen war», wie Lukas Keller, Präsident des Stiftungsrats, in seiner Einführung bemerkte. Als aber 2022 das Haus zum Verkauf stand, griff die Stiftung zu, denn so könne zum einen die Geschichte sichtbar gemacht und zum anderen die Verbindungen zu heute aufgezeigt werden.
Esther Girsberger, Präsidentin des Vereins, ging kurz auf die Geschichte des Hauses ein: «1867 wurde dieses Haus von Caspar Josef Jeuch, der auch die Pläne für die Synagoge und das Schulhaus gemacht hatte, gebaut. Neben dem heute zugänglichen hatte es noch zwei weitere Bäder darin, das sieht man an den weissen Begrenzungen auf dem Boden. In der Wohnung, die von Anfang an in das Haus eingeplant war, lebte übrigens unter anderen auch ein Leibwächter von Tidjane Thiam, dem ehemaligen Chef der UBS.»
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Ausstellung
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Angela Bhend gestaltete die Inszenierung gemeinsam mit Andreas Schwab und Beat Stalder. Sie stellte die Ideen der Ausstellung vor. Das Gebäude sei sowohl materiell als auch immateriell ein wichtiges Erbe. Es wurde in das Gesamtprojekt Doppeltür eingebaut und steht unter dem Leitmotiv «Wasser». Im Erdgeschoss wird der geschichtliche Hintergrund des jüdischen Tauchbads erklärt. Auf den Infotafeln steht, was vor einem Tauchbad zu tun ist, wann eine Mikwe aufgesucht wurde und wo es heute noch Mikwen gibt. Bei einem Memory sollen christliche und jüdische Bräuche einander zugeordnet werden – nicht immer ganz einfach. Das Bad selbst ist beleuchtet und per Knopfdruck können die Besucher das Untertauchen erleben. Bei diesem rituellen Akt wird nach dem Auftauchen ein Segensspruch gesagt, den man auf Deutsch, Hebräisch und Englisch hört. Im Obergeschoss geht es um das Wasser im weltlichen Sinn. So hört man hier unter anderem vom Thermalbad in Zurzach, von der Kurstadt Baden, und dass der Endinger Arzt Hermann Keller ein Mitbegründer des Rheinfelder Thermalbads war. Der Raum ist noch etwas karg, mit wenigen Sitzgelegenheiten, eingerichtet, wird aber in einer zweiten Etappe ebenfalls mit Bildern und Audiovisionen ausgebaut.
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Jüdische Geschichte
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Der Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes, Jonathan Kreutner, betonte in seiner Rede, dass es wichtig sei, sich mit der jüdischen Geschichte und den Traditionen auseinanderzusetzen. Es sei schön, dass jüdisches Kulturgut zugänglich sei. Das Judentum sei in der Schweiz noch lebendig, und deshalb sei dies auch ein Beitrag zur Schweizer Geschichte. Die Mikwe in Endingen sei eine Premiere – als erstes in der Schweiz könne das sanierte Tauchbad von der Öffentlichkeit angesehen werden. Als spezielle Neuigkeit verriet Kreutner zudem, dass auch die Lengnauer Mikwe neu im Besitz des Vereins Doppeltür sei und in das Projekt aufgenommen werde.
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Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Jules Bloch, brachte die Mesusa rechts am Türrahmen an. Darin befindet sich auf Pergament ein hebräischer Segensspruch, der das Haus schützt. Ausserdem hatte er auch noch einen Badeeintritt mitgebracht. Denn auch wenn das Untertauchen in der Mikwe ein vorgeschriebener Brauch zur rituellen Reinigung war, war er nicht kostenlos.
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Projekt Doppeltür
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Das Vermittlungsprojekt Doppeltür will die jüdisch-christliche Geschichte einem breiten Publikum zeigen und eine interaktive Auseinandersetzung mit aktuellen Gesellschaftsthemen sowie Dialog und Toleranz fördern, wie es auf der Webseite steht. Zum Projekt gehören neben der jetzt eröffneten Mikwe, der jüdische Kulturweg und Schulmodule. Ausserdem soll Ende 2026/Anfang 2027 auch das Zentrum in Lengnau eröffnet werden, jährlich werden dann dort 25 000 Besucher erwartet. Die Türen der Mikwe stehen am kommenden Sonntag, 1. Dezember, von 11 bis 14 Uhr, allen Interessierten offen. Danach kann sie im Rahmen einer Gruppenführung auf dem jüdischen Kulturweg oder individuell, gegen Eintritt, besichtigt werden.
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